Das Bundesjustizministerium plant ein Gesetz, nach dem die DNA-Analyse erweitert werden soll. DIe Ermittler sollen die Möglichkeit bekommen DNA-Spuren auf Haarfarbe, Hautfarbe und Alter zu untersuchen. Aktuell erlaubt die StPO nur eine Untersuchung auf Geschlecht.
Hier geht es zur fundierten Stellungnahme der Strafverteidigervereinigungen zur geplanten Einführung der sog. ›erweiterten DNA-Analyse‹ zu Fahndungszwecken:
https://www.strafverteidigertag.de/Material/Stellungnahmen/SN_StVV_DNA1_2019.pdf
Wir plädieren dafür an der jetzigen Regelung festzuhalten und lehnen eine Erweiterung der DNA-Untersuchung ab.
Die forensische DNA-Analyse klingt wie der Heilsbringer im Strafprozess. Wie schön wäre es doch, wenn man von dem Täter das Alter und Aussehen kennt, so könnte mithilfe des Augenscheins ein kurzer Prozess gemacht werden. Wenn der Angeklagte zur DNA-Analyse passt, dann war er es auch. Oder etwa doch nicht?
Die DNA-Analyse ist fehleranfällig. Eine mangelnde Qualität und eine Unvollständigkeit des Materials verschlechtert die Aussagekraft gewaltig. Je kleiner die Spur, umso bruckstückhafter die Aussage. Nicht selten sitzen Sachverständige vor Gericht und erklären uns Biologie-Laien, dass sie anhand einer zu kleinen Probe keine Aussage über das Geschlecht treffen können. Dass die festgelegten Parameter für diese Bestimmung unterschritten sind und jegliche Aussage darüber mit einem Blick in die Glaskugel gleichen würde. Wo nichts ist, oder nicht genug ist, da kann auch nichts bestimmt werden.
Ein weiteres Problem sind Mischspuren. Kontamination mit fremder DNA am Tatort oder im Labor durch fehlerhaftes Arbeiten verunreinigen die ursprüngliche Spur. In folge dessen kommt ein fehlerbehaftetes Ergebnis raus. Es ist eine gängige Fehlvorstellung, dass die ermittelnden Beamten und die Forensiker nur präzise arbeiten müssten um solche Fehler zu vermeiden. Die Kontaminierung beginnt nämlich schon am Tatort. Die DNA-Spuren bewegen sich im Raum mit den Gegenständen und sie verändern sich sobald Menschen mit diesen Gegenständen in Kontakt kommen. Die Vorstellung eines Tatorts mit nur wenigen eindeutigen DNA-Spuren ist spätestens nach einer halbwegs unübersichtlichen Streitigkeit nur noch ein Begehren nach dem Erdachten.
Die Befürworter der Ausweitung der DNA-Analyse argumentieren mit hohen Wahrscheinlichkeiten. Diese können aber, wie zuvor ausgeführt, nur mit vollständigen und nicht verunreinigten Spuren erreicht werden. Hinzu kommt noch, dass bei der Haarfarbe beispielsweise die Jugendhaarfarbe bestimmt wird. Diese kann sich im Laufe des Lebens ändern. Bei der Augenfarbe verlässt man sich auf einen Datensatz von Personen bei denen die genetischen Marker als auch die daraus resultierende sichtbare Augenfarbe bekannt sind. Diese Datensätze sind Länderspezifisch. Wenn man also anhand der DNA die Augenfarbe bestimmen will tut man dies am Besten mithilfe des Datensatzes aus dessen Population der Spurenleger kommt. Wie alle Gentests weist auch diese Art der Augenfarbenbestimmung falsch-positive Ergebnisse auf. So kann es passieren, dass ein Blauäugiger durch diese Methode als nicht-blauäugig eingestuft wird.
Zudem sagt die DNA einer Person an einem Ort nichts darüber aus wie sie dahin gekommen ist, nur dass sie da ist. Der Zusammenhang zwischen der gefunden DNA-Spur und dem Tatort muss vom Gericht erst hergestellt werden. Im Prozess kann sie ein bedeutendes Indiz sein, in Abwägung mit den anderen Beweisen und Zeugen kann sie aber ihre Bedeutung gänzlich verlieren. Man denke an die deponierte Kippe am Tatort.
Das Problem welches wir als Strafverteidiger sehen sind nicht allein die Verletzung der Persönlichkeitsrechte und die Möglichkeit des racial profilings, sondern dass aufgrund der erweiterten DNA-Analyse zu schnell eine fehlerhafte Ermittlungshypothese aufgestellt werden kann. Dadurch gerät der Ermittlungserfolg in Gefahr. Es gibt zu viele Fehlerquellen bei einer DNA-Analyse. Es wird mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet. Ein vorzeitiges Festlegen oder eine unbewusste Beeinflussung durch das falsche Ergebnis einer Analyse behindert die Ermittlungen.
Eine weitere Unsicherheit besteht darin, dass die erweiterte DNA-Analyse, wie die Telekommunikationsüberwachung, zu einer Standardmethode verkommt, deren Sinnhaftigkeit in vielen Fällen bezweifelt werden kann.